Der Mangel an Fachkräften und die moderne Einstellung zum Thema Arbeit geben dem Trend neuen Schwung.
23.09.2022
Meine ersten Kontakte zu dem Begriff hatte ich mehr oder weniger über emotionale Posts auf LinkedIn. Quiet Quitting wird hier nach der Great-Resignation-Welle als neuester Trend beschrieben. Aber was genau ist Quiet Quitting? Im Deutschen lässt es sich sinnbildlich mit „Dienst-nach-Vorschrift“ übersetzen. Allerdings mit negativem Beigeschmack. Denn Quiet Quitting meint eher „Wir haben einen Vertrag. Als Arbeitnehmer:in habe ich dort bestimmte Zusagen gemacht, damit du mich als Arbeitgeber:in bezahlst. Diese Zusagen halte ich ein. Aber ich bin nicht bereit ständig mehr zu machen, als wir vereinbart haben.“
Ein bisschen entspricht das auch dem alten „Pacta sund servanda“ im Sinne von „Wir halten uns beide an Verträge“. Eigentlich nichts Neues. Warum dann der Aufschrei? Warum erwarten wir als Arbeitgeber:in, dass wir 5 Äpfel bezahlen und gratis noch 4 Bananen dazu bekommen?
Wir haben uns in den letzten Jahren immer mehr daran gewöhnt, dass unsere Kolleg:innen eben mehr sind als nur Personen mit Rechten und Pflichten. Wir sind alle Teil der Unternehmensfamilie und fühlen uns verantwortlich. Unsere „Work“ ist Bestandteil unseres „Life“, was das Konzept „Work-Life-Balance“ schwerer fassbar macht. Dass wir hierbei dann immer die Extrameile für selbstverständlich halten und die Teilnahme an allen Aktivitäten außerhalb des Office fast schon als moralische Verpflichtung ansehen, macht die Abgrenzung nicht einfacher. Vielleicht schockt uns deshalb eine Bewegung, die deutlich macht „Ich mag euch wirklich gerne, aber ich bin nicht meine Arbeit.“ Eine nachvollziehbare Einstellung, die erstmal durchaus erwachsen klingt.
Das bedeutet nicht, dass die jeweilige Person sich nicht innovativ ins Unternehmen einbringt. Und selbst wenn. Von einer Person, die als Sachbearbeiter:in beschäftigt und bezahlt wird, sollte ich keine Organisationsentwicklung erwarten. Die Idee, dass sich Mitarbeiter:innen nicht über ihre eigentlichen Aufgaben hinaus in das Unternehmen einbringen und auch nicht über vertragliche vereinbarte Arbeitszeiten hinaus engagieren möchten, sind nicht verwerflich, sondern fair und verständlich.
Die spannende Frage ist eher: Wie erkenne ich, dass eine Person, die bislang immer mehr gemacht hat als vereinbart gewesen ist, sich plötzlich zurückzieht? Wie gehe ich kulturell mit Mitarbeiter:innen um, die statt 115% einfach ihre 100% leisten möchten?
Kommunikation und das Feedback anderer könnten an dieser Stelle helfen. Vielleicht auch das Feedback von mir in Richtung der Mitarbeiter:innen oder auch deren Feedback für mich. Vielleicht erhalte ich dann Aussagen wie „Michael, ich finde es spannend, wie du dich engagierst, aber das ist nicht mein Leben. Ich möchte so nicht arbeiten.“ Oder das Feedback von anderen „Hey Michael, die Person A macht einen richtig klasse Job.“ Und vielleicht hilft es auch, diese Themen systemgestützt über Möglichkeiten wie SAP SuccessFactors Continuos Performance oder Continuous Succession Management zu unterstützen. Weil ich so im kontinuierlichen Austausch stehen kann und sich ein viel besseres Verständnis füreinander entwickelt.
Du bist anderer Meinung? Lass uns gerne darüber diskutieren. Melde dich einfach unter michael.kleine-beckel@tserv.de!